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Wann sind Umsätze und Vorsteuerbeträge zu erklären?

Umsätze und Vorsteuerbeträge sind im zutreffenden Voranmeldungs- und Besteuerungszeitraum zu erklären und, sofern sie in die Zusammenfassende Meldung (ZM) aufgenommen werden, im zutreffenden Meldezeitraum zu deklarieren. Erklärt der Steuerpflichtige Umsätze zu spät oder Vorsteuerbeträge zu früh, kann er sich dem Vorwurf einer Steuerverkürzung auf Zeit ausgesetzt sehen. Erklärt er Vorsteuerbeträge zu spät, können diese im schlimmsten Fall ganz verloren gehen. Und die Abgabe einer unzutreffenden ZM stellt eine Ordnungswidrigkeit i.S.v. § 26a UStG dar, die mit einem Bußgeld geahndet werden kann. Daher soll nachstehend zusammengefasst werden, wann welche Eintragungen vorzunehmen sind.

1. Steuerberechnung im Regelfall

§ 16 Abs. 1 UStG bestimmt, dass die Steuer regelmäßig nach vereinbarten Entgelten zu berechnen ist. In diesem Fall entsteht die Steuer mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem die Leistung ausgeführt worden ist. Das Gesetz enthält hierzu jedoch keine klare Aussage.

  • § 3 Abs. 6 und 7 UStG regeln unmittelbar nur den Ort der Lieferung. Nach allgemeiner Auffassung (Abschn. 13.1 Abs. 2 UStAE; Slapio in Birkenfeld/Wäger, § 3 Abs. 5a UStG Rz. 51 m.w.N.) ergibt sich daraus aber auch der Zeitpunkt der Lieferung. Nicht warenbewegte Lieferungen gelten dort als ausgeführt, wo sich der Gegenstand der Lieferung zum Zeitpunkt der Verschaffung der Verfügungsmacht befindet. Mit Verschaffung der Verfügungsmacht wird die Lieferung ausgeführt. Beförderungs- oder Versendungslieferungen gelten dort als ausgeführt, wo die Beförderung oder Versendung zum Abnehmer beginnt. Daraus leitet sich auch der Zeitpunkt der Lieferung ab. Die Lieferung ist aus umsatzsteuerlicher Sicht ausgeführt, wenn der LKW vom Hof rollt oder der Liefergegenstand dem Beauftragten übergeben wird. Handelsrechtliche Regelungen zum Gefahrenübergang und Incoterms spielen für Umsatzsteuer-Zwecke keine Rolle.
    Werklieferungen setzen i.d.R. eine Abnahme des fertigen Werks durch den Besteller voraus. Diese kann auch konkludent erfolgen, z.B. durch Ingebrauchnahme. Vgl. hierzu die Ausführungen im neu gefassten Merkblatt des BMF zur Umsatzbesteuerung in der Bauwirtschaft vom 27.01.2023.
  • Sonstige Leistungen sind mit ihrer Vollendung ausgeführt (Abschn. 13.1 Abs. 3 UStAE). Wann das konkret ist, hängt von der Art der jeweiligen Leistung ab.
  • Soweit Leistungen teilbar sind und auch in Teilen geschuldet werden, ist auf die einzelne Teilleistung und nicht auf die Gesamtleistung abzustellen (§ 13 Abs. 1 Nr. 1 a) Sätze 2 und 3 UStG). Auch kann auf Abschn. 13.4 UStAE sowie die Ausführungen im Merkblatt zur Umsatzbesteuerung in der Bauwirtschaft verwiesen werden. Zur Teilbarkeit der Leistungen von Architekten und Ingenieuren vgl. Abschn. 13.3 UStAE.
  • Eine Besonderheit stellt die Besteuerung von Zahlungen vor Ausführung der Leistung, also von Anzahlungen und Vorauszahlungen, dar (§ 13 Abs. 1 Nr. 1 a) Satz 4 UStG) – früher als Mindest-Ist-Besteuerung bezeichnet. Hier entsteht die Steuer mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem das Entgelt oder Teilentgelt vereinnahmt worden ist. Der vereinnahmte Betrag ist stets ein Brutto-Betrag, aus dem die Steuer herauszurechnen ist. Keine Bedeutung hat für die Steuerentstehung die Abschlagsrechnung.

2. Ist-Besteuerung (Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten)

Die Berechnung der Steuer nach vereinnahmten Entgelten gilt für Unternehmer, die regelmäßig keine doppelte Buchführung unterhalten, sondern nur Einnahmen und Ausgaben aufzeichnen – z.B. auch die öffentliche Hand, wenn sie ausschließlich kameralistisch bucht. Diese Unternehmer deklarieren ihre Umsätze also nicht im Zeitpunkt der Ausführung der Leistung, sondern für den Voranmeldungszeitraum, in dem das Entgelt vereinnahmt worden ist § 13 Abs. 1 Nr. 1 b) UStG).

3. Erklärungszeitpunkt für steuerfreie Umsätze – Regelfall

Das Umsatzsteuergesetz kennt keine eigenen Regelungen, wann steuerfreie Umsätze zu erklären sind. Es gelten also die Ausführungen zur Steuerentstehung bei steuerpflichtigen Umsätzen entsprechend, einschließlich der Regelungen zu den Zahlungen vor Ausführung der Leistung. 

4. Wichtige Ausnahme: steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen

Für steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen sehen § 18a und § 18b UStG besondere Melde- und Erklärungszeitpunkte für die ZM und die USt-VA vor. Dabei muss die Summe der in der ZM gemeldeten i.g. Lieferungen mit den in der bzw. den USt-VA des Meldezeitraums erklärten Beträgen übereinstimmen. Und zwar ist der jeweilige Umsatz in die ZM für den Meldezeitraum aufzunehmen, in dem die Rechnung für die i.g. Lieferung ausgestellt wird, spätestens aber für den Meldezeitraum, in dem der auf die Ausführung der i.g. Lieferung folgende Monat endet (§ 18a Abs. 8 UStG). Eine entsprechende Regelung gilt gem. § 18b Satz 2 UStG für die USt-VA.

5. Die Gegenseite: steuerpflichtige innergemeinschaftliche Erwerbe

Die Informationen aus sämtlichen Zusammenfassenden Meldungen, die von allen Unternehmern EU-weit abgegeben werden, führt die EU im Mehrwertsteuer-Informations- und Auskunftssystem (MIAS) zusammen. Die Finanzämter der Leistungsempfänger können diese Daten abrufen und so erfahren, in welcher Höhe innergemeinschaftliche Lieferungen an den jeweiligen Leistungsempfänger ausgeführt worden sind. Dieser Betrag sollte übereinstimmen mit dem Wert der vom Leistungsempfänger deklarierten innergemeinschaftlichen Erwerbe.

Damit dies funktioniert, müssen natürlich die Erklärungszeitpunkte für innergemeinschaftliche Lieferungen und Erwerbe übereinstimmen. Innergemeinschaftliche Erwerbe sind demnach ebenfalls für den Voranmeldungszeitraum zu erklären, in dem die Rechnung ausgestellt wird, spätestens für den Voranmeldungszeitraum, in dem der auf die auf den Erwerb folgende Kalendermonat endet (§ 13 Abs. 1 Nr. 6 UStG). Die Zahlung des Entgelts sowie Anzahlungen und Vorauszahlungen sind für die Erklärungspflicht nicht relevant.

6. Erklärungspflicht bei Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers

Bei der Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers müssen zwei Fälle unterschieden werden.

Sog. innergemeinschaftliche Dienstleistungen sind solche, bei denen sich der Ort der Leistung nach Art. 44 MwStSystRL (§ 3a Abs. 2 UStG) richtet. Grenzüberschreitend gilt hier EU-weit die Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers gem. Art. 196 MwStSystRL (§ 13b Abs. 1 UStG). Beim Leistungsempfängerentsteht die Steuer mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums (nicht: Kalendermonats!), in dem die Leistung ausgeführt worden ist (§ 13b Abs. 1 UStG). Entsprechend hat der leistende Unternehmer in seiner Voranmeldung und ZM die Umsätze für den Voranmeldungs- bzw. Leistungszeitraum, in dem er die Leistung ausgeführt hat, zu deklarieren (§ 18b Satz 1 Nr. 2, § 18a Abs. 8 Satz 2 UStG). Dadurch sollte auch bei den innergemeinschaftlichen Dienstleistungen eine Kontrolle durch das MIAS System möglich sein.

Allerdings sehen § 13b Abs. 3 und 4 UStG auf Seiten des Leistungsempfängers vorgezogene Steuerentstehungszeitpunkte vor, denen für den leistenden Unternehmer keine entsprechenden Meldepflichten entgegenstehen. Zum einen gilt bei der Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers generell die Mindest-Ist-Besteuerung, d.h. bereits Zahlungen vor Leistungsbezug lösen die Steuerentstehung aus. Zum anderen entsteht bei Leistungen, die dauerhaft über einen Zeitraum von mehr als einem Jahr erbracht werden, die Steuer spätestens mit Ablauf eines jeden Kalenderjahres, in dem sie tatsächlich erbracht werden. Eine korrespondierende Deklarations- und Meldepflicht für den leistenden Unternehmer sehen §§ 18a und 18b UStG aber nicht vor, so dass Differenzen im Meldeverfahren vorprogrammiert sind.

Für alle anderen Lieferungen und sonstigen Leistungen, die gem. § 13b Abs. 2 UStG der Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers unterliegen – grenzüberschreitende gem. Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 5 a), im Übrigen rein inländische – gilt dagegen ein anderer Steuerentstehungszeitpunkt. Hier entsteht die Steuer mit Ausstellung der Rechnung, spätestens mit Ablauf des der Ausführung der Leistung folgenden Kalendermonats (nicht: Voranmeldungszeitraums!)

Auf Seiten des leistenden Unternehmers gibt es dagegen keine besonderen Vorgaben, wann er Umsätze i.S.v. § 13b Abs. 2 UStG, für die der Leistungsempfänger die Umsatzsteuer schuldet, erklären muss. Es gelten für ihn also die allgemeinen Regelungen. Eine Abstimmung findet hier nicht statt.

7. Wann ist der Vorsteuer-Abzug geltend zu machen?

Gem. § 18 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 16 Abs. 2 UStG sind die in den jeweiligen Voranmeldungszeitraum fallenden, nach § 15 UStG abziehbaren Vorsteuerbeträge abzusetzen. Vorsteuerbeträge sind also exakt dem zutreffenden Voranmeldungs- bzw. Besteuerungszeitraum zuzuordnen. Sie können nicht früher oder später geltend gemacht werden.

Der Unternehmer kann inländische Vorsteuerbeträge abziehen, wenn die Leistung an ihn ausgeführt worden ist und er eine ordnungsgemäße Rechnung besitzt (§ 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG). Es kommt auf den Zugang der Rechnung an, also auf den Eingangsstempel, nicht auf das Ausstellungsdatum. Deshalb ist es sinnlos, Rechnungen zurück zu datieren. Eine Rechnung ist bereits dann zugegangen, wenn sie noch nicht dem Unternehmer selber vorliegt, sondern z.B. dem von ihm beauftragten Architekten zur Überprüfung.

Leistet der Unternehmer eine Zahlung vor Ausführung der Leistung, also eine Anzahlung oder Vorauszahlung, so kann er Vorsteuer nicht bereits mit Zugang der Anzahlungsrechnung geltend machen, sondern erst mit Zahlung und Besitz der Rechnung (§ 15 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 UStG).

Für innergemeinschaftliche Erwerbe und bei Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers entsteht für diesen die Steuer selbst dann, wenn niemals eine Rechnung ausgestellt wird, allein aufgrund des Leistungsbezuges. Deshalb setzt der Vorsteuer-Abzug auch nicht den Besitz einer Rechnung voraus. Die Vorsteuer wird stets gleichlaufend mit der Steuerentstehung geltend gemacht.

Diese Grundsätze gelten für alle Unternehmer, also auch für solche, die ihr Umsätze nach vereinbarten Entgelten versteuern. Das ergibt sich aus dem eindeutigen Wortlaut von § 20 UStG, der nur auf die Ausgangsumsätze Bezug nimmt. In der Praxis stellt sich dies für Istbesteuerer, die i.d.R. nur Einnahmen und Ausgaben aufzeichnen, etwas schwierig dar. Insbesondere zum Jahreswechsel ist darauf aber besonderes Augenmerk zu richten.

Wendelin Liebgott

Wendelin Liebgott

Steuerberater, Dipl.-Betriebswirt (FH)

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Über den Verfasser

Wendelin Liebgott hat durch mehr als 25 Jahre Tätigkeit in der gestaltenden Steuerberatung für Unternehmen unterschiedlicher Rechtsformen und Branchen sowie in der Bearbeitung von Umsatzsteuer- und Grunderwerbsteuerfragen verschiedenster Art, einschließlich der Führung von Rechtsbehelfen umfangreiche Erfahrungen. Er ist Mitglied im „Umsatzsteuer Forum e.V. – Vereinigung zur wissenschaftlichen Pflege des Umsatzsteuerrechts“, Autor diverser Beiträge zur Umsatzsteuer in der Fachliteratur und hat bei dem Werk „Birkenfeld/Wäger, Das große Umsatzsteuer-Handbuch“ mitgewirkt.

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