Zum Inhalt Zum Menü

Wertguthabenvereinbarungen als „Corporate Benefit“ in einer modernen Arbeitswelt

Fachkräftemangel und das Finden sowie Binden von Mitarbeitern, insbesondere sog. „Talents“, gehört zu den gegenwärtigen (arbeitsrechtlichen) Herausforderungen für Unternehmen. Arbeitgeber, die sich der Bewältigung solcher Herausforderungen stellen wollen – wenn nicht sogar müssen – sind daher gut beraten, sog. „Corporate Benefits“ in ihrem Unternehmen zu implementieren. Hierzu gehören insbesondere Wertguthabenvereinbarungen.

Vorteile einer Wertguthabenvereinbarung

Die Tendenz der letzten Jahre zeigt, dass es sich in Unternehmen gerade bei Wertguthabenvereinbarungen um ein „geliebtes Kind“ zu handeln scheint. Dem Arbeitgeber wird hierbei ein taugliches Instrument zur Verfügung gestellt, welches sich insbesondere zur langfristigen Mitarbeiterbindung eignen kann. Gleichzeitig wird dem Arbeitnehmer die Möglichkeit der flexiblen Gestaltung seines Arbeitsverhältnisses eingeräumt. So findet die oftmals beschworene „Wok-Life-Balance“ des Arbeitnehmers eine konkrete Form der Ausgestaltung. Das kann die Attraktivität des eigenen Unternehmens auf dem derzeit umkämpften Arbeitsmarkt erheblich steigern.

Wertguthabenvereinbarung – Was ist das und wozu kann es verwendet werden?

Nach § 7b SGB IV liegt eine Wertguthabenvereinbarung vor, wenn

  1. der Aufbau des Wertguthabens auf Grund einer schriftlichen Vereinbarung erfolgt,

  2. diese Vereinbarung nicht das Ziel der flexiblen Gestaltung der werktäglichen oder wöchentlichen Arbeitszeit oder den Ausgleich betrieblicher Produktions- und Arbeitszeitzyklen verfolgt,

  3. Arbeitsentgelt in das Wertguthaben eingebracht wird, um es für Zeiten der Freistellung von der Arbeitsleistung oder der Verringerung der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit zu entnehmen,

  4. das aus dem Wertguthaben fällige Arbeitsentgelt mit einer z.B. vor der Freistellung von der Arbeitsleistung erbrachten Arbeitsleistung erzielt wird und

  5. das fällige Arbeitsentgelt insgesamt die Geringfügigkeitsgrenze übersteigt, es sei denn, die Beschäftigung wurde vor der Freistellung als geringfügige Beschäftigung ausgeübt.

Auf der Grundlage einer solchen Wertguthabenvereinbarung kann der Arbeitnehmer das angesparte Wertguthaben für verschiedene Zwecke verwenden. Ein in der Praxis regelmäßig anzutreffender Verwendungszweck ist die vollständige oder teilweise Freistellung von der Arbeitsleistung unmittelbar vor dem Zeitpunkt (z.B. 2 Jahre), zu dem die gesetzliche Altersrente in Anspruch genommen werden kann (Vorruhestandsregelungen). Möglich ist aber auch, dass das Wertguthaben für die (gänzliche) Freistellung von der Arbeitsleistung für die Teilnahme an beruflichen Qualifizierungsmaßnahmen verwendet wird. Daneben kann das Wertguthaben aber auch für ein sog. Sabbatical genutzt werden. Letztlich kann das Wertguthaben auch für Freistellung im Zusammenhang mit Pflege- und Elternzeiten in Anspruch genommen werden. Im Übrigen kann der Mitarbeiter neben dem Arbeitsentgelt auch noch weitere Gehaltsbestandteile einbringen (z.B. Weihnachtsgeld oder sonstige Sonderzahlungen).

Arbeitgeber haben unbedingt darauf zu achten, dass das Wertguthaben gegen das Risiko der Insolvenz des Arbeitgebers vollständig abgesichert wird (Insolvenzsicherung). Stellt nämlich der Träger der Rentenversicherung im Rahmen einer Betriebsprüfung des Arbeitgebers fest, dass für das Wertguthaben keine Insolvenzschutzregelung getroffen worden ist und kommt der Arbeitgeber dieser Verpflichtung innerhalb von zwei Monaten nach der entsprechenden Feststellung durch den Träger der Rentenversicherung nicht nach, ist er zur sofortigen Zahlung des Gesamtsozialversicherungsbeitrag verpflichtet, und die Wertguthabenvereinbarung gilt als von Anfang an nichtig.

Beteiligung des Betriebsrats

Besteht im Unternehme ein Betriebsrat, dürfte diesem im Hinblick auf die konkrete Gestaltung bzw. Umsetzung einer Wertguthabenvereinbarung („Wie“) in der Regel ein Mitbestimmungsrecht nach Maßgabe von § 87 Abs. 1 BetrVG zustehen. Daher kann eine solche Vereinbarung an sich auch im Rahmen einer Betriebsvereinbarung geschlossen werden.

Fazit

Wertguthabenvereinbarungen bringen für Arbeitgeber und Arbeitnehmer Vorteile, insbesondere der Arbeitgeber kann hierdurch seine Attraktivität am Markt steigern, mithin Mitarbeiter finden und binden. Bei der konkreten Umsetzung bzw. vertraglichen Gestaltung solcher Wertguthabenvereinbarungen sind Arbeitgeber jedoch gut beraten, größte Sorgfalt walten zu lassen, um den (komplizierten) gesetzlichen Anforderungen gerecht zu werden. Das gilt insbesondere auch im Hinblick auf die Insolvenzsicherung.

Karl Albert

Karl Albert

Rechtsanwalt

E-Mail schreibenAnrufen

Über den Verfasser

Herr Rechtsanwalt Karl Albert, geb. 1993, studierte Rechtswissenschaften an der Universität des Saarlandes mit dem Schwerpunkt Arbeitsrecht. Sein Rechtsreferendariat absolvierte er beim Saarländischen Oberlandesgericht, u.a. mit Station bei Kliemt.Arbeitsrecht in Düsseldorf. Nach seiner Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter an einem arbeitsrechtlichen Lehrstuhl an der Universität des Saarlandes ist Herr Albert seit 2023 für die W+ST Rechtsanwaltsgesellschaft mbH beschäftigt. Der Schwerpunkt seiner Tätigkeit liegt im Arbeitsrecht sowie im Gesellschaftsrecht.

Themenvielfalt

Das könnte Sie interessieren

Eine Frau sitzt an einem Tisch, auf welchem sich Dokumente stapeln und bearbeitet ein ,vor ihr liegendes, Diagramm.

Homeoffice im Ausland

Wenn Arbeitnehmer, insbesondere Grenzgänger, im Homeoffice im Ausland arbeiten, stellt sich die...

Arrow Right