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Workation

Was gilt es bei der mobilen Arbeit am Urlaubsort sozialversicherungs- und lohnsteuerrechtlich zu beachten?

Spätestens seit der Corona-Pandemie gehören hybrides und mobiles Arbeiten zum Arbeitsalltag vieler Arbeitnehmer. Nun kommt von Arbeitnehmern auch immer öfter der Wunsch auf, den Auslandsurlaub durch Arbeitstätigkeiten zu verlängern. An die sogenannte „Workation“ sind allerdings besonders in sozialversicherungsrechtlicher und lohnsteuerrechtlicher Hinsicht bestimmte Rahmenbedingungen zu beachten.

Der Begriff „Workation“ setzt sich aus Urlaub (vacation) und Arbeit (work) zusammen und bezieht sich auf eine Situation, in der sich Arbeitnehmer zu privaten Zwecken im Ausland aufhalten und dort gleichzeitig ihrer gewohnten Berufstätigkeit nachgehen. Die Voraussetzungen für „Workation“ sind zunächst ein Auslandsaufenthalt sowie eine private Motivation für diesen, da eine Geschäftsreise beispielweise nicht unter den Begriff „Workation“ fällt. Und letztlich kann Workation auch nicht von langer Dauer sein.

Sozialversicherungsrecht

Im Sozialversicherungsrecht gilt grundsätzlich das Territorialprinzip. Das bedeutet, dass immer das Sozialversicherungsrecht des Staates anzuwenden ist, in dem die Beschäftigung tatsächlich ausgeübt wird. Dies gilt unabhängig davon, wo der Arbeitgeber seinen Sitz hat oder wo der Arbeitnehmer wohnt. Auch die Staatsangehörigkeit spielt keine Rolle. Mithin unterliegt ein in Deutschland beschäftigter Arbeitnehmer dem deutschen Sozialversicherungsrecht. Ein im Ausland tätiger Arbeitnehmer unterliegt hingegen grundsätzlich dem ausländischen Sozialversicherungsrecht. Davon gibt es allerdings mehrere Ausnahmen durch bilaterale und multilaterale Sozialversicherungsabkommen, beispielsweise die einschlägigen EU-Verordnungen.

Innerhalb der Europäischen Union, des Europäischen Wirtschaftsraums und der Schweiz sind für die Beantwortung der Frage, welches Sozialversicherungsrecht anwendbar ist, die Kollisionsnormen der Verordnung (EG) 883/2004 maßgeblich. Die Regelungen der Verordnung legen zunächst fest, dass nur die sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften eines Mitgliedstaats anzuwenden sind. Doppelte Beitragszahlungen sind also ausgeschlossen.

Damit ein Arbeitnehmer, der vorübergehend aus dem Ausland arbeitet, nicht der ausländischen Sozialversicherungspflicht unterliegt, sieht die Verordnung (EG) 883/2004 Ausnahmeregelungen vor. Eine dieser Ausnahmeregelungen ist das Vorliegen einer „Entsendung“. Eine „Entsendung“ ist dann anzunehmen, wenn ein Arbeitnehmer auf Weisung seines inländischen Arbeitgebers im Ausland eine Beschäftigung für ihn ausübt. Dabei darf die Tätigkeit nicht länger als 24 Monate andauern und es darf keine bereits entsandte Person abgelöst werden.

Nicht erforderlich ist, dass die Auslandstätigkeit zwingend auf Initiative des Arbeitgebers erfolgt – was bei „Workation selten der Fall ist. Erforderlich ist nur, dass alle weiteren vorgenannten Voraussetzungen vorliegen und die Person weiter dem Direktionsrecht des inländischen Arbeitgebers unterliegt. Letzteres ist nach Ansicht der Deutschen Verbindungsstelle Krankenversicherung Ausland (DVKA) gegeben, wenn der Arbeitgeber mit der vorübergehenden Auslandstätigkeit einverstanden ist.

Unter den Begriff „Entsendung“ fällt demzufolge der klassische „Workation“-Sachverhalt, dass ein Arbeitnehmer im Anschluss an seinen Urlaub noch für einen vorübergehenden Zeitraum (wenige Wochen) am Urlaubsort bleibt und von dort arbeitet, bevor er nach Hause zurückkehrt und die Tätigkeit am Sitz des Arbeitgebers wieder aufnimmt.

In einem solchen Fall ist eine A1-Bescheinigung bei seiner Krankenkasse bzw. bei privat krankenversicherten Personen bei der Deutschen Rentenversicherung Bund zu beantragen.

Lohnsteuerrecht

Im Lohnsteuerrecht wird zwischen der unbeschränkten und beschränkten Steuerpflicht unterschieden. Die unbeschränkte Steuerpflicht, bezieht sich auf Personen, die über einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland verfügen. Eine tatsächliche regelmäßige Nutzung ist nicht zwingend erforderlich. Im deutschem Besteuerungsrecht gilt das Welteinkommensprinzip. Dadurch ist es unabhängig aus welchem Land die Einkünfte erzielt werden, denn Deutschland hat das Besteuerungsrecht.

Die beschränkte Steuerpflicht bezieht sich auf Personen, die weder einen Wohnsitz noch über einen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland verfügen. In diesem Fall beschränkt sich das Besteuerungsrecht in Deutschland nur auf inländische Einkünfte. Um zu verhindern, dass Steuern doppelt gezahlt werden, hat Deutschland mit vielen Staaten Doppelbesteuerungsabkommen abgeschlossen. Hiernach gilt in der Regel, dass wenn sich der Arbeitnehmer weniger als 183 Tage in einem 12-Monats-Zeitraum im Tätigkeitsstaat aufhält, er nicht für einen (wirtschaftlichen) Arbeitgeber im Tätigkeitsstaat tätig wird und auch nicht für eine Betriebsstätte seines Arbeitgebers tätig wird, fällt das Besteuerungsrecht auf den Ansässigkeitsstaat.

Sofern beispielsweise ein Arbeitnehmer seinen Sommerurlaub im Ausland verbringt und anschließend noch für weniger als 183 Tage im Kalenderjahr im Ausland für den deutschen Arbeitgeber remote tätig wird, bleibt das Besteuerungsrecht bei  Deutschland  und der Arbeitnehmer bleibt während der „Workation“ vollumfänglich steuerpflichtig in Deutschland.

Ausnahmsweise gilt etwas anderes, wenn durch die Tätigkeit im Ausland eine Betriebsstätte begründet wird. Dies führt regelmäßig dazu, dass die ausländische Betriebsstatte zur Abführung von Lohnsteuer für den Arbeitnehmer verpflichtet wird. In einigen Ländern kann bereits durch einen im Homeoffice tätigen Arbeitnehmer eine steuerliche Betriebsstätte begründet werden. Mitunter gelten empfindliche Strafen bei Missachtung der jeweiligen gesetzlichen Verpflichtungen. Ob im jeweiligen Fall und betreffenden Staat das Risiko einer Betriebsstättenbegründung besteht, ist im Einzelfall zu prüfen.

Daneben sollte sich der Arbeitgeber über das im jeweiligen Tätigkeitsstaat herrschende Arbeitsrecht informieren, da dieses auch trotz eines deutschen Arbeitsvertrages Anwendung finden kann. Schließlich ist auch an mögliche Melde- und Registrierpflichten im Ausland zu denken. 

Andre Meiser

Andre Meiser

Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht

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Über den Verfasser

Herr Rechtsanwalt Andre Meiser, geb. 1989, studierte Rechtswissenschaften an der Universität des Saarlandes in Saarbrücken mit dem Schwerpunkt im Arbeits- und Sozialrecht, ehe er im Anschluss sein Referendariat am Saarländischen Oberlandesgericht absolvierte. Bei der W+ST Rechtsanwaltsgesellschaft mbH ist Herr Meiser seit 2018 angestellt. Seine Tätigkeitsschwerpunkte liegen im Arbeitsrecht, im Sozialversicherungsrecht und im allgemeinen Zivilrecht. Herr Meiser ist Fachanwalt für Arbeitsrecht.

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